Kalte Früchte des Winters

Page #3
Part of the following chapter Prietos Notizbuch #1

Wir haben sie unterschätzt – wir hielten die Verderbten zwar für gerissen, ja, aber unterbewusst fühlten wir uns ihnen überlegen, da sie kaum sprechen konnten und immer noch die Kleidung der alten Siedler tragen. Wir haben gedacht, sie wären die gleichen leeren Hüllen, die uns im Süden begegnet waren – die Hutzeligen, die wir so eifrig niedermetzelten, während wir alles an uns nahmen, was die Insel zu bieten hatte. Dieser Hochmut hat uns die Schlucht gekostet. Die Verderbten haben den Winter gegen uns eingesetzt – so, wie sie dies immer taten, wie ich nun erkenne. Sie frieren nicht und werden durch die Kälte nicht verlangsamt. Und was noch schlimmer ist: An dem Tag, an dem sie über die Große Brücke herfielen, waren sie nicht nur gerissen, sondern gingen auch taktisch vor. Sie nutzten einen Schneesturm, um sich unbemerkt über beide Straßen anzuschleichen, die zur Brücke führten und selbst hätte die Wache Zeit gehabt, Alarm zu schlagen, wären ihre Rufe im Sturm untergegangen. Dann machten sich die Verderbten über die restlichen Soldaten her – erschlugen aber keinen von ihnen. Stattdessen nahmen sie sie gefangen, legten ihnen Fesseln an und brachten sie fort. Wohin nur? Wahrscheinlich nach Norden. Falls ja, blieben sie dort nicht sehr lange – innerhalb einer Jahreszeit waren sie wieder da und ihr Anblick brach uns fast das Herz, denn neben den Verderbten standen unsere verlorenen Männer und Frauen auf der Brücke. – D. Prieto, Ingenieur