Eine letzte Sache

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Part of the following chapter Tagebücher der Seelenwächter #14
Die Verderbnis hat alles genommen …

Es zeigt sich, dass unendliches Leben nur unendliche Tragödie bedeutet. Dieser Ort – diese grausame Neue Welt – ist eine verrückte Farce. Es stimmt zwar, dass der Tod seine Zähne verloren hat, aber die Insel hat tausend Möglichkeiten, dir etwas wegzunehmen. Von den gebrochenen Seelen derer, die das Pech hatten, die Zeitalter zu durchleiden, bis hin zu den ausgelaugten Seelen der Verlorenen, ist eines klar: Nichts hält ewig. Nicht einmal hier. Und schlimmer noch als jedes andere Verhängnis ist die Verderbnis: Ein Parasit, der den Willen aussaugt, den Verstand beherrscht und den Körper stiehlt. Doch es gibt einen Vorteil eines leeren Lebens: Die Angst hat mich verlassen. Was auch immer kommen mag, welche Qualen mich in den Händen der Verderbten auch erwarten mögen, es wird sicher eine willkommene Abwechslung zu meiner allgegenwärtigen Sehnsucht nach dem sein, was ich einst besaß. Liebe. Familie. Ehre. Würde. Frieden. Alles weg. Alles wurde mir geraubt wie Taler von einem Beutelschneider. Als Yonus sein Angebot machte, wusste ich: Das ist meine letzte Chance, das, was von meiner Seele übrig ist, vor der Vergessenheit zu retten. Um zu verhindern, dass mein Körper in diesem gottverlassenen Land umherwandert, das eine endlose Qual für diejenigen darstellt, die sich noch an die Reste ihrer Menschlichkeit klammern. Aber ich frage mich, wie lange mein Hass mich noch an diese grausame Welt fesseln kann. Ich nehme an, die Zeit wird es zeigen, denn mehr kann ich nicht geben. – Judithe Owens